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Fleischmanns "wartungsfreier" Motor

Fleischmanns "wartungsfreier" Motor

Seit einiger Zeit gehen manche Hersteller verstärkt dazu über sogenannte wartungsfreie Motoren zu verbauen. Diese Motoren sind gekapselt, so dass man an die Kohlen und den Kollektor nicht heran kommt. Wartungsfrei bedeutet in diesem Fall also nicht "muss nicht gewartet werden" sondern eher "kann nicht (einfach) gewartet werden".

Interessanterweise sind diese Motortypen in verschiedenen Fleischmann-Loks verbaut, z.B. in der V60 DR, der V100 DR, der BR52 und anderen. Während sie in den meisten Fällen ihren Dienst durchaus tun, hat sich die V100 als echtes Problemkind herausgestellt. Ich selbst habe derzeit vier Loks (2x BR110, 2x BR115) und "durfte" bei diesen Loks bereits 3 Ausfälle verzeichnen. Aus diesem Grund habe ich die Motoren einmal genauer unter die Lupe genommen. Der Grund für die massiven Ausfallraten dürfte darin begründet liegen, dass die Modelle förmlich im Öl schwimmen. Es kriecht dann überall hin, auch in den Motor, wo es den Abrieb der Kohlen bindet und den Kollektor zuschmiert. Auf die Art fließen Ströme zwischen den einzelnen Platten des Kollektors, der Motor erhitzt sich und der Kunststoff, auf dem die Kollektorbleche liegen, wird verformt. Sobald das passiert ist, ist der Motor nur noch Schrott. Bevor es soweit kommt sollte der Motor gereinigt und vom Öl befreit werden.

 

Kollektor des alten Motors,
 Öl und Abrieb sind gut zu erkennenKollektor des alten Motors, Öl und Abrieb sind gut zu erkennen

Neuer Kollektor,
 wie man sieht ölfrei und mit vernickelter OberflächeNeuer Kollektor, wie man sieht ölfrei und mit vernickelter Oberfläche

Zerlegter wartungsfreier Fleischmann-MotorZerlegter wartungsfreier Fleischmann-Motor

Zerlegen

Vor dem Öffnen des Motors müssen Schnecken und Schwungmasse entfernt werden. Die Schnecken sitzen nicht sehr fest und können mit den Fingern abgezogen werden, für die Schwungmasse sollte man einen Abzieher (z.B. von Fohrmann) verwenden.

Da der Motor "wartungsfrei" ist, kommt man an die Innereien nur schlecht heran. Um ihn zu öffnen müssen die beiden Metallnasen aufgebogen werden, die das Gehäuse und den Schild zusammenhalten. Wie man sich denken kann, wird das nicht allzu oft funktionieren, irgendwann bricht die Nase ab. Geht also bitte vorsichtig zu Werke. Zum Aufhebeln der Nasen hat sich ein kleiner Schraubendreher mit flachem Kopf bewährt.

Der nächste Schritt erfordert äußerste Vorsicht! Einige Motoren haben am Kollektor eine Art Kragen, zieht man den Schild einfach ab, kann es sein, dass man die Bleche mit den Kohlen verbiegt oder die Kohlen beschädigt. Am besten hält man den Motor an der schildseitigen Welle fest und zieht das Gehäuse ab. Danach können die Kohlenbleche mit einer Pinzette vorsichtig etwas auseinander gedrückt werden, damit man den Schild entfernen kann.

Reinigen

Die Reinigung des Kollektors ist schnell gemacht, ich verwende das bewährte Wasch- oder Feuerzeugbenzin auf einem Stück Küchenpapier. Gebt acht, dass ihr nicht die Kabel der einzelnen Ankerspulen abreißt!

Auf das "Ausglühen" der Kohlen habe ich verzichtet. Sie sind in den Kollektorblechen eingeklemmt und ich weiß nicht, ob man sie ohne Schaden entfernen und korrekt wieder einbauen kann. Da es ein wartungsfreier Motor ist, dürfte die Beschaffung von Ersatz eine Herausforderung sein. Stattdessen habe ich sie einfach mit etwas Waschbenzin gesäubert, um zumindest oberflächliches Öl zu entfernen.

Zusammenbau

Der Motor wird in umgekehrter Reihenfolge wieder zusammengesetzt. Zuerst wird die Welle in den Motorschild eingesetzt. Mit der Pinzette werden die beiden Kohlenbleche wieder vorsichtig auseinander gehalten, damit die Kohlen auf den Kollektor kommen. Danach wird das Gäuse aufgesetzt, es passt wegen der Motorkontakte nur in einer Richtung. Nachdem die beiden Nasen mit dem Schraubendreher umgebogen sind, kann ein Funktionstest gemacht werden. Danach werden Schwungmasse und Schnecken aufgepresst. Da mein Abziehwerkzeug zu kurz ist, habe ich die Schwungmasse über einen Spalt zwischen zwei Holzklötzchen gelegt, die Welle angesetzt und mit einem kleinen Hammer vorsichtig auf das andere Wellenende geklopft. Die Welle kann Dank des Spaltes weit genug hineingetrieben werden. Diese Prozedur erfordert viel Fingerspitzengefühl, verbiegt man die Welle, ist der Motor ein Fall für die Tonne. Beim Aufpressen der Schnecken muss darauf geachtet werden, dass die Welle nicht bis ganz durch kommen darf. Setzt den Motor einfach ins Modell und prüft, ob das Zahnrad ungefähr mitiig unter der Schnecke sitzt, wenn nicht muss etwas nachjustiert werden.

Abschluss

Nötig war diese Prozedur bei mir bisher nur bei den Motoren der DR-V100 und deren Varianten. V60 und BR52 tun ihren Dienst auch so.

Es macht Sinn sich auch bereits "abgerauchte" Motoren anzusehen. Dreht man die Welle und spürt einen Widerstand oder ein Hakeln, taugt der Motor bestenfalls noch als Übungsobjekt, da dann der Kunststoffträger des Kollektors verformt ist. Lässt sich der Motor hingegen noch frei drehen, besteht die Chance ihn mit der Reinigung wieder zu aktivieren.

Auf der Leipziger Messe 2015 habe ich am Fleischmann-Stand das Thema mal angesprochen. Man war sich des Problems bewusst und versprach eine Ersatzlösung in Form neuer Motoren. Einige Monate später erhielt ich dann tatsächlich ein neues Exemplar und habe das zum Vergleichen mal zerlegt. Die Motoren sind fast baugleich zu den alten, mit allen daraus resultierenden Problemen (hohes Rastmoment, keine Möglichkeit die Kohlen zu wechseln). Sie sind allerdings ölfrei und haben statt des kupfernen Kollektors einen vernickelten. Wahrscheinlich soll dadurch der Abrieb der Kohlen vermindert werden. Bisher läuft der Motor genauso problemlos wie die gereinigten. Von mehreren Hobbykollegen habe ich gehört, dass sie den Austauschmotor wie ich kostenlos erhalten haben. Einige berichteten jedoch auch, dass Fleischmann dafür Geld wollte. Ich kenne nun natürlich die näheren Umstände dort nicht, aber wahrscheinlich sollte man einfach hartnäckig bleiben und darauf verweisen, dass das Problem bekannt ist und eindeutig ab Werk besteht. Viel Glück :)

Wie immer: Nachmachen auf eigene Gefahr!